5. Februar 2008

Bericht eines Kulturschocks (oder: Silvester auf Italienisch)

Silvester in Italien ist ein bisschen anders als in Deutschland:
  • Man sollte sich nicht wundern, wenn einen wildfremde Leute jeden Alters in die Arme schließen. Es macht überhaupt nichts aus, wenn man die Leute mit denen man feiert noch nie zuvor gesehen hat. Man wird sofort herzlichst in den Kreis der Familie / der Bekannten aufgenommen und dann auch genauso behandelt (mit allen Vor- und Nachteilen)
  • Man sollte seinen Magen langfristig auf kulinarische Großereignisse vorbereiten. Wenn man nämlich aus dem Ausland kommst muss man alles was auf den Tisch kommt einmal probiert haben. Tagelanges Fasten im Voraus wäre wohl die beste Vorbereitung. Der normale Italiener isst an die 7 Vorspeisen vor der ersten Hauptmahlzeit. Und der ausländische Gast muss sogar noch mehr essen, damit er auch alles mindestens einmal probieren kann. Und es gibt kein Entkommen.
  • Man hüte sich vor Sektkorken! Als Stefano einen fing, der gerade besitzerlos durch die Luft flog (was meine zimperliche Natur an sich schon gar nicht so ungefährlich fand) haben mir auf einmal alle herzlich gratuliert... wie ich im Nachhinein erfahren habe zu unserer baldigen Hochzeit!
  • Man freunde sich mit dem Fernsehgerät an. Das Fernsehen ist immer und überall dabei, wie ein sehr anhängliches Familienmitglied. Und meistens haben die alten Leute das Regiment über die Fernbedinung. Auch hier gibt es kein Entkommen: Am besten nutzt man das Dröhnen der italienischen Schlagermusik dazu, festzustellen, dass Howard Carpendale und Roy Black doch nicht so unvergleichlich schlecht sind wie man immer gedacht hat. Wenn man bei der Lautstärke in der die Kiste läuft überhaupt an etwas denken kann.
  • Man sollte immer sportlich aktiv bleiben! Denn es kann vorkommen, dass auf einmal alle aufstehen und Polonaise um den Tisch tanzen. Und es kann auch vorkommen, dass dazu die eine Oma der anderen Oma rythmisch auf den Kopf klopft.
  • Man sollte seine Stimme trainieren! Ich werde vielleicht eines Tages laut genug sprechen können um im allgemeinen Trubel nach dem Brot zu fragen oder ein paar Oliven zu verlangen. Aber ich werde es wohl nicht schaffen um halb 1 aufs Dach zu rennen und "Auguri" über ganz Rom zu schreien.
Aber nach der Überwindung meines Kulturschocks hatte ich mein bestes Silvester seit langem. Ich konnte zwar dank liebevoller Mastversuche nicht mehr laufen, aber das macht nichts: So haben wir eben Risiko gespielt bis Nachts um 4 während aus dem Nebenraum noch lange lautstark die Rufe der Tombola dröhnten.

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